Der Herr schaute mich verwundert an. Aufstehen, er? Als erste Handlung in diesem Workshop? Ich versicherte ihm, dass er nichts weiter tun mĂŒsste als dazustehen, und ging in die andere Ecke des Raumes. 15 Personen waren versammelt, alles Mitarbeiter einer Schweizer Hochschule. Ich hatte keine Ahnung, ob und wie gut sich die Teilnehmer des Workshops kannten. Ich fixierte eine Dame: Kennen Sie diesen Herrn dort vorne? Sie verneinte. Ich fragte eine andere Dame: Und Sie? Auch sie verneinte. Und eine dritte Person ebenfalls. Und wenn dieser Herr nun etwas wĂŒsste, das Ihnen bei einem ganz aktuellen Problem helfen könnte? Ich las in den Gesichtern der Teilnehmer, dass mein Einstieg in «Vernetzung mit Working Out Loud» geglĂŒckt war. Es funktionierte ĂŒbrigens auch die weiteren zwei Male, die ich den Workshop an diesem Nachmittag durchfĂŒhrte.
Doch ich ging noch ein wenig weiter. ErzÀhlte, wie Organisationen versuchen, ihr Wissen zu externalisieren und auf Plattformen zu packen. Wie praktisch das ist- jedoch nicht weiterhilft, wenn es dann eben doch nicht so reibungslos verlÀuft, wie im How-To-Video dargestellt. Der menschliche Kontakt, der vernetzte Arbeitsplatz, der nicht nur bei Problemen hilft, sondern auch Inputs zur Arbeit liefert oder Feedback geben kann.
Ich wollte noch etwas ausprobieren. Ich liess alle Teilnehmer auf ein Blatt Papier ein aktuelles Problem, ein aktuelles Thema aufschreiben. WĂŒrden wir im Raum Menschen finden, die helfen könnten oder die die gleichen Interessen hĂ€tten und sich gerne austauschen möchten? Wir wĂŒrden sehen….
Zuerst ging es aber mit WOL weiter. Was ist es, wie organisiert man es, was macht man dabei? Anhand von Tanmay Voras Sketchnote ging ich relativ rasch zu den 5 Kernelementen ĂŒber. Ich begann mit «Generosity» und berief mich auf den Charakter eines guten Netzwerkes: Zu geben und zu bekommen, ohne «MilchbĂŒechli-Rechnung». Und was man nicht alles geben konnte! Gerade jetzt, in diesem Moment, jeder von uns! Ich bat die Teilnehmer, ihre smartphones hervorzunehmen und gleich jetzt, gleich hier, eines dieser vergessenen Dankeschöns auszusprechen. Ja, das war WOL, und sie hatten gerade eine WOL Ăbung gemacht.
Weiter ging es mit «Relationships». WOL lehrt einem, wie man Personen findet, wie man sie anspricht, und wie man die Beziehung zu ihnen vertieft. Dazu gehört auch das Finden von Gemeinsamkeiten. 10 facts about me ist eine wunderbare Ăbung, um diese sichtbar zu machen, und auch meine Teilnehmer lachten viel, als sie ihre Listen austauschten und von sich erzĂ€hlten. Eine Gruppe von 4 Personen entdeckte sogar, dass sie alle das gleiche Instrument spielten. Einige waren so ins GesprĂ€ch vertieft, dass ich sie beinahe unhöflich unterbrechen musste, um weiterzufahren.
Doch es wartete «Visible Work». Wer von Ihnen hat ein LinkedIn Profil? Xing? Und vorallem: Wer von Ihnen hat ein Profil im Intranet, in dem mehr steht als Ihr Name, Ihre Telefonnummer und Ihre Email Adresse? Erstaunlicherweise gingen bei der letzten Frage je nach Gruppe bis zu 50% der HĂ€nde hoch. Ich hackte nach- was steht denn drin? Es waren primĂ€r der Lebenslauf und erworbene Kompetenzen. Widerspiegeln diese Angaben denn wirklich, was Sie können, wissen, interessiert? Weiss ich aufgrund Ihres Lebenslaufes, ob Sie mir bei meinem Projekt weiterhelfen können? Am liebsten hĂ€tte ich die Teilnehmer gleich jetzt mindestens einen Satz ins Profil schreiben lassen, der nichts mit formalen AbschlĂŒssen zu tun hat. Aber wir hatten ja nur eine Stunde, und so gab es eine Hausaufgabe draus.
Zum «Growth Mindset» Ă€usserte ich mich nur kurz und sprach dann den letzten Punkt an: «Purposeful discovery». Das WOL Ziel. Jede Person bekam die Circle Guides von Woche 1 mit der Bitte, den Abschnitt ĂŒber die Zielsetzung zu lesen und sich erste Gedanken darĂŒber zu machen, was fĂŒr ein Ziel er/sie sich setzten könnte. Nur in einer Gruppe blieb Zeit, dieses Ziel auch schriftlich zu formulieren und zu beginnen, eine Beziehungsliste zu schreiben. Denn wichtiger als die genaue Zielsetzung war mir zum Abschluss Reflexion und Feedback.
Dabei nahm ich ein Vorgehen auf, dass Stefanie Moser entwickelt und grosszĂŒgigerweise in einem Blog Post mit uns allen geteilt hat (Danke!!). Als ich es las, hat es mich sofort angesprochen und inspiriert. Ich probierte meine Version davon aus.
In drei Ecken des Raumes stellte ich je ein Flipboard. Auf Nummer 1 stand: Ja, ich will. Dort sollten sich alle versammeln, die sich von WOL angesprochen fĂŒhlten und gerne einem Circle beitreten möchten. Auf Nummer 2 stand: Nein, nichts fĂŒr mich. Wer mit dem heute Vorgestellten gar nix anfangen konnte, sollte dort bitte in einem Satz draufschreiben, warum. Dabei war es mir wichtig zu betonen, dass dies nicht gewertet wurde- jeder Mensch ist einzigartig, und darum gibt es keine Methode, die zu allen Menschen passt! Auf dem dritten Flipboard stand: Hmmmm- ja, aber. Wem gefiel, was ich gezeigt hatte, aber noch nicht ĂŒberzeugt war, wurde gebeten, in Stichworten die Bedenken oder Unsicherheiten zu formulieren.
Ich war echt beeindruckt, von dem was passierte. Von insgesamt 45 Workshop-Teilnehmer meinten 8, dass sie gerne sofort einen Circle grĂŒnden möchten. Sie regten zudem an, auf dem Intranet eine Seite mit Informationen zu WOL zu erstellen, damit andere auch spĂ€ter die Möglichkeit hĂ€tten, sich einem WOL Circle anzuschliessen. Nebst der GrĂŒndung von 2 WOL Circle sind wir dies natĂŒrlich nun asap am Umsetzen.
Nur 3 Teilnehmer fanden, dass WOL absolut nichts fĂŒr sie seie. Der Rest stand vor dem Hmmm…. Board.
Das meist Genannte war der Punkt Zeit. Keine Zeit, andere PrioritĂ€ten, Einbindung in Arbeitsalltag. FĂŒr mich war sofort klar, dass ich diesen Aspekt das nĂ€chste Mal besser ausarbeiten musste, zeigen musste, dass WOL auch zu diesem Thema Ăbungen hatte. Denn nur das Argument «Ist das Ziel wichtig genug, findet sich schon Zeit», setzt die Menschen eher unter Druck- das heisst ja, ich habe ein ungenĂŒgend gutes Ziel gewĂ€hlt! Es kam auch das persönliche Votum: Wenn ich das in meiner Arbeitszeit mache, dann muss ich doch das ok von meinem Chef haben! Das heisst, WOL muss von top unterstĂŒtzt werden, sonst geht das gar nicht. Diese Unsicherheit kam in allen drei Workshop-Gruppen hervor, wie auch, ob sich denn Aufwand und Ertrag die Waage hielten. Weiter war zu merken, dass Unsicherheit da war bezĂŒglich des Circles. Sich mit 4 anderen zu treffen, sich zu öffnen, was ergab dies fĂŒr eine Dynamik, fĂŒr einen Druck?
Momentan ist mir noch nicht ganz klar, wie ich diese Fragen einarbeiten kann. Eine Meinung dazu habe ich. Aber um die geht es nicht, sondern darum, Menschen den Weg zu ebnen, WOL auszuprobieren, und dafĂŒr mĂŒssen ihre Unsicherheiten diskutiert und mögliche Lösungen oder Antworten offeriert werden. Ich freue mich aber schon auf die nĂ€chste Möglichkeit, WOL zu prĂ€sentieren und auszuprobieren, wie das gemacht werden könnte! Vielleicht hat jemand dazu schon Ideen oder Erfahrungen?
Und was passierte mit den Problemen und Themen, die die Teilnehmer ganz zu Beginn notiert hatten? Leider bleib bei Weitem keine Zeit fĂŒr das, was ich zuerst im Sinn hatte: Diese mit den Teilnehmern des Workshops zu matchen. Doch es ergab sich eine interessante Wand die gut aufzeigte, welche Arten von Schwierigkeiten die Mitarbeiter momentan beschĂ€ftigte. Vielleicht klappt es ja beim nĂ€chsten Mal!
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